The Purloined Letter

Performance, produziert von Johannes Porsch und Tanja Widmann gemeinsam mit dem „Department of Reading" (Sönke Hallmann und Inga Zimprich), dem Forschungsprojekt „Troubling Research. Performing Knowledge in the Arts" und Student_innen des Instituts für Ku

Donnerstag, 30. Juni 2011, 19 Uhr

Die Performance The Purloined Letter, die im Rahmen der Ausstellung unExhibit stattfindet, wiederholt eine Szene, die in der Fotodokumentation einer Performance festgehalten wurde: A Steven Paxton Dance Workshop at Intermedia, Beatty Street, Vancouver, CA, March 31, 1969. Ausgangspunkt für diesen Workshop, den Paxton bei Intermedia mit 48 Laien durchführte, war die Performance The Stand/The Little Dance von 1967. The Stand/The Little Dance widmete sich der Dynamik einer Gruppenaufstellung, der offenen Platzierung von Individuen zueinander in Bezug zu ihrem räumlichen Kontext, sowie der körperlichen Arbeit an der Bewegung des Stehens, die sowohl Konzeptualisierung als auch Durchführung/Handlung bedeutet.

Steve Paxton zufolge kann Stehen, das Aufrechthalten des Körpers, als internalisierte und habituelle Arbeit und Techne des Körpers auf die Kräfteverhältnisse der Gravitation verstanden werden. Im Wiederaufnehmen dieser Überlegungen zu einer „Technologie" des Stehens, einem verkörperten Wissen des Hervorbringens und Verfertigens von Bewegung, adressiert The Purloined Letter das Unbewusste des Körpers in seiner Gerichtetheit auf seine Umgebung und deren Kräfteverhältnisse. Die sich verschiebende und dezentrierende Bezogenheit von Körper und Umgebung, eine „tieferliegende Struktur einer verborgenen Wiederholung", ist eine Bewegung, und sei es eben die des Stehens, die gestaltet. In der sich stetig differenzierenden Wechselwirkung von Innen und Außen, dem Aufrechthalten, Ausrichten und Setzens der Körper, formt The Purloined Letter z. B. eine Gruppe im Stehen als offenes Verhältnis von Körpern in ihrer Bezogenheit aufeinander. Zugleich wird dieser Gruppe, die Form angenommen hat, eine andere, (form)losere sich hinzugesellen, die die Szene betrachtet und sich doch auch im Stehen übt.

Wenn wir hier von Performance als einer Wiederholung eines Fotodokuments sprechen, dann setzen wir gerade in jener Verflechtung von Live-Moment, Repräsentation und Reproduktion an, die nicht im Modus des Identischen zu fassen ist, sondern in sich fortwährend entwickelnden Differenzen ihr Spiel treibt. Auf diese Verflechtung zielen wir auch ab, wenn die Performance The Purloined Letter – diesmal im Medium Film – aufgezeichnet wird.

Zugleich stellt sich mit dieser Wiederholung die Frage, was es bedeutet, wenn diese Gruppe 1969 in einem Raum in Vancouver stillsteht, und wie der (diskursive) Kontext der Ausstellung unExhibit, aber auch der gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen sich mit hereinstellt, wenn wir dieses Stehen wiederholen. Denn wenn Selbst-Aktivierung –Verwirklichung und Verwertung – als grundlegender unternehmerischer Parameter im Zeichen eines neuen Geist des Kapitalismus zu verstehen ist, dann kann sich in der Schwebe zwischen Akt und Nicht-Akt (Stehen: etwas tun und doch nichts tun) ebenso eine Chance verbergen wie in der Wiederholung selbst. Mit Gilles Deleuze gesprochen: „Unser modernes Leben ist so beschaffen, dass wir ihm angesichts von vollendet mechanischen und stereotypen Wiederholungen in uns und außerhalb unaufhörlich kleine Differenzen, Varianten und Modifikationen abringen. Umgekehrt stellen geheime, verkleidete und verborgene Wiederholungen, hervorgerufen durch die fortwährende Verschiebung einer Differenz, in uns und außerhalb wiederum nackte, mechanische und stereotype Wiederholungen her. […] Es wiederholen sich die Wiederholungen, es differenziert sich das Differenzierende. Das Geschäft des Lebens besteht darin, alle Wiederholungen in einem Raum koexistieren zu lassen, in dem sich die Differenz verteilt." Wiederholen bedeutet hier im Bezug zweier historischer Momente aufeinander, Differenz, als deren beider Anders- und Nirgendwo, herauszustellen und dies im Modus der Möglichkeit zu tun.


Johannes Porsch
ist Künstler, Kurator und Autor. Seit 2010 artistic researcher an der Akademie der bildenden Künste Wien im Zusammenhang des Forschungsprojektes „Troubling Research". 2001–2007 Kurator am Architekturzentrum Wien. Texte, Ausstellungen und Publikationen zu Repräsentationspolitiken und daraus folgenden Subjektivierungs-prozessen, u. a.: Sturm der Ruhe. What is Architecture (2001), The Austrian Phenomenon (2004/2009), Ottokar Uhl. Nach allen Regeln der Architektur (2005), Un jardin d’hiver, präsentiert (2006), Chinaproduction (2007), Suche Bauplatz für Moschee/Aa (2008/2010), Transitory Objects (2009) und To Make Oneself Similar in this Sense (2010), gemeinsam mit Tanja Widmann und David Jourdan.


Tanja Widmann
arbeitet als Künstlerin, Kuratorin, Autorin und Dozentin an der Universität für angewandte Kunst, Wien. Schreibt u. a. für Texte zur Kunst und springerin. Hefte für Gegenwartskunst. Diverse Publikationen, u. a. To Make Oneself Similar in This Sense (2010) gemeinsam mit Johannes Porsch und David Jourdan und Ambiguous Case. Casco Issues XI (2008) gemeinsam mit Emily Pethick und Marina Vishmidt. 2008 war ihre Ausstellung Sich in diesem Sinne ähnlich machen im Kunstraum lakeside, Klagenfurt, zu sehen. Für die Manifesta 8 (2010) hat sie die Arbeit Hard Currency. Revaluation 2010 konzipiert.
 

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