Friedl Kubelka vom Gröller

Das erste Jahresportrait Die Idee entstand während einer Taxifahrt mit Hans Neuffer. Ein halbes Jahr später erfuhr ich, dass sie nicht neu sei. Für mich aber war die Ausführung einer konsequenten Arbeit sehr neu. Ich lernte, dass eine geduldige und regelmäßige Tätigkeit, selbst wenn man ihr an vielen Tagen keine Beachtung schenkt, tieferen Einfluss auf Geist und Seele nimmt als Sensationen und euphorische Zustände. Vom 22.3.1972 bis zum 21.3.1973 habe ich versucht, mich jeden Tag zu fotografieren. Die freien Felder bezeichnen Aggression gegen den Vorsatz, Gleichgültigkeit oder Vergessen. Die Arbeit an den entstandenen Fotos schwankte zwischen selbstgefälliger Vervielfachung, Routine und Zucht. Folgende Erkenntnis hatte ich in den letzten Monaten des Jahres 1972: Narzissmus hat nicht viel mit Äußerlichkeit und Ästhetik zu tun, vielmehr ist er die Unfähigkeit, sich auf Gefühle und Reaktionen anderer Menschen einzustellen. Der Narziss kann keine andere Welt als seine eigene erkennen. Alles, was er der Realität entnimmt, wird verzerrt in die eigene geistige Enge hineingepresst, in der er schmerzhaft das Zentrum bildet. (Friedl Kubelka)